Eine schöne Frau

Goethe und Charlotte Buff     

Wer weiß, ob sie wirklich so ausgesehen hat wie auf dem Portrait. Aber sie hat sich so malen lassen. Das Bild zeigt also mindestens, wie sie aussehen wollte. Und das ist auch viel entscheidender. Löwenmähne,  Schwanenhals, Mona-Lisa-Lächeln, offenherziger Gesichtsausdruck: Eine Shakira des späten 18. Jahrhunderts. Da konnte die  Stürmer-und-Dränger-Seele schon schwach werden. Nützte aber nichts: Goethes Bekanntschaft einer rauschenden Ballnacht war mit einem Anderen verlobt und damit tabu. Goethe kriegte die Kurve, Werther nicht. Besser: Goethe kam rum, indem er Werther rausschleuderte.

Gestatten Madame, wie wäre es mit einem Spaziergang durch den Park oder einem Tänzchen in Ehren?

Galanterie gehört zum guten Ton im Umgang zwischen den Geschlechtern beim Adel und gehobenen Bürgertum. Höfisch-höfliches Benehmen ist Trumpf, Etikette muss sein. 

Traumwandlerische Sicherheit  bietet jene Raumzeit ihren Bewohnern. ,Jede Handlung und jede Regung ist vorkalkuliert und garantiert ein Maximum an Verhaltenssicherheit. In einer fest gefügten Welt, in der alles seinen sicheren Platz hat,  stören junge anti-bürgerliche Intellektuelle mit einem Freiheitsdrang,  einer Gefühlsduselei und einer Gesellschaftskritik, die nach Anarchie stinkt. Nein, Madame, das wollen wir doch nicht! Gestatten, Don Juan.